31.08.2015
Neue Studien zur Behandlung von Augenkrankheiten mit PBM sorgen für Furore. PBM wurde als Therapiemethode bei der altersbedingten Makuladegeneration untersucht.
Lasertherapie am Auge!
In den letzten zwei Jahren wurden Studien zu einem Anwendungsbereich der LLLT veröffentlicht, der bislang ein absolutes Tabu dargestellt hat. Die direkte Bestrahlung der Augen galt und gilt seit Entstehen der LLLT als d i e absolute Kontraindikation. Nun ist dieses Tabu durchbrochen worden und es gibt Signale aus der Forschung dafür, dass Augenerkrankungen in der Zukunft zu bedeutenden Indikationen der LLLT werden könnten.
Humane Fallstudien zur Behandlung der trockenen AMD (altersbedingte Makuladegeneration), der diabetischen Retinopahtie, der Retinitis pigmentosa und zur Regulierung des retinalen Blutflusses und Tierstudien zur Behandlung der Frühgeborenen-Retinopathie, der AMD und generell einer Schädigung der Photorezeptoren u. a. versprechen der LLLT ein großes Potenzial bei der Behandlung von Augenerkrankungen.
Wichtigste Indikation: AMD
Eine der wichtigsten Augenerkrankungen ist die altersabhängige Makuladegeneration (AMD). Aufgrund der höheren Lebenserwartung prognostiziert man einen erheblichen Anstieg der AMD in den nächsten Jahrzehnten. Die AMD ist die Hauptursache für eine Erblindung bei älteren Menschen in den Industrienationen. Sie gilt als nicht behandelbar, ihr Verlauf kann aber über einen gesunden Lebensstil, die Einnahme von Antioxidantien und Nahrungsergänzungsmitteln wie z. B. Lutein, Zeaxanthin (AREDS 2 ? Age-Related Eye Disease Study 2) verzögert werden.
Es gibt zwei Formen der AMD: die feuchte AMD (neovascular/exsudative/wet AMD) und die athrophische, trockene AMD (geographic atrophy/GA-AMD/dry AMD), wobei erstere für 90% und letztere für 10% schwerer Sehbeeinträchtigungen verantwortlich sind. Die feuchte AMD ist charakterisiert durch eine choroidale Neovaskularisation (Neubildung von Gefäßen in der Choroidea, der Gefäßschicht des Augen, die zwischen der Retina und der Sklera liegt). Die trockene AMD ist charakterisiert durch eine Atrophie des retinalen Pigmentepithels und eine Degeneration der Photorezeptoren in den tiefer gelegenen Schichten. Als Ursachen für die trockene AMD gelten Entzündungen, oxidativer Stress und eine genetische Disposition.
Als Gold-Standard in der Behandlung der feuchten AMD gilt die Hemmung von VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) zur Bremsung der Angiogenese (Anti-VEGF-Therapie) mit Hilfe wiederholter, kostenintensiver intravitrealer Injektionen und mit dem Risiko von Entzündungen und Nezthautablösungen. Für die trockene AMD gibt es keine Therapie.
Da die Pathogenese der AMD heute weitgehend enträtselt ist, versprechen Therapieansätze, welche die zugrunde liegenden Mechanismen beeinflussen können, den größten Erfolg. Damit hat die LLLT als sichere, kostengünstige und gut kontrollierbare Therapie in den letzten Jahren bei der Behandlung von Augenerkrankungen Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ihr Potenzial bei der Behandlung von AMD und anderen Augenerkrankungen wird aufgrund ihrer photomodulatorischen Effekte auf die unterschiedlichsten Stoffwechselprozesse vermutet, die auch bei der Entstehung der AMD beteiligt sind.
Ursachen der Makuladegeneration sind altersbedingte Mutationen der mitochondrialen DNA, die u. a. die Synthese von ATP reduzieren und zu oxidativem Stress, Entzündung und Degeneration führen. Die Entzündung ist ein übergeordnetes Merkmal des Alterungsprozesses. Sie tritt in der alten Retina und besonders in der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) auf und unterhält die pathologische Neubildung von Gefäßen, dem Hauptsymptom der feuchten AMD.
Die Photobiomodulation durch LLLT fördert sowohl primär als auch sekundär die Reaktionen der Zelle auf Entzündungen, oxidativen Stress und Apoptosis.
Folgende Effekte können u. a. bei der Behandlung von Augenleiden erwartet werden:
? Hemmung der retinalen Neovaskularisation
? Reduktion von HIF-1 (hypoxia-induced factor 1), einem Marker für die durch Hypoxie aktiverte Bildung von VEGF (Anti-VEGF-Therapie)
? Reduktion von oxidativem Stress in der äußeren Retina und im retinalen Pigmentepithel
? Modulation der Genexpression und der Zytokinausschüttung
? Regulierung der Entzündungsreaktionen bei transmuralen Mikrotraumen
Angemessen dosiert, kann LLLT eine Kaskade biochemischer und biophysikalischer Zellmechanismen triggern, die mit der Bildung hochenergetischer Molekülen wie ATP und der Funktionsfähigkeit von Rezeptoren verbunden sind. Diese wiederum modulieren den gesamten Stoffwechsel auf der Zell- und der Gewebeebene und werden für das komplexe System der Signalübertragung benötigt. Es gibt Lasertherapeuten, die der LLLT das Potenzial einer Montotherapie für viele Augenerkrankungen zuschreiben.
UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
Am Menschen gibt es bislang nur einzelne Fallstudien, während in Tiermodellen das Potenzial der LLLT bei der Behandlung von Augenerkrankungen deutlich aufgezeigt werden konnte.
Tierstudien
Zunächst die Tierstudien, die u. a. zu folgenden Ergebnissen kommen:
? Anstieg der Cytochrom C Oxidase (COX), einem Enzym der Atmungskette, das die oxidative Phosphorylierung reguliert.
? Reduktion von Entzündungsmarkern (z. B. entzündungsfördernder Komplementfaktor C3) in der äußeren Retina
? Abnahme retinaler Stressmarker wie Vimetin und GFAP (Gliafaserprotein / glial fibrillary acidic protein)
? Erhöhung des Membranpotentials in gealterten Augen
? Signifikante ATP-Steigerung
? Abnahme von freien Radikalen (Markern für oxidativen Stress) wie z.B. der Acrolein- Expression
? Zunahme neuroprotektiver Faktoren
? Regulation von Genen und ncRNA (nicht-kodierender RNA-Gene), die an neuroprotektiven Prozessen beteiligt sind
? Verbesserung der Photorezeptorfunktionen
? Zunahme aktivierter Mikroglia
Fallstudien am Menschen
Die humanen Fallstudien kommen u. a. zu folgenden Ergebnissen:
? Reduktion von diabetischen Ödemen und einer Verdickung der Retina
? Normalisierung visueller Felder
? Verbesserung der Sehschärfe
? Verbesserung des Kontrastsehens
? Verbesserung der Fixationsstabilität
? Anstieg der Blutflussgeschwindigkeit in der Arteria ophthalmica
Fallstudie Trockene AMD
Eine prospektive Fallstudie an 9 Patienten mit trockener AMD mit Hilfe von Nahinfrarot- und Gelb-LLLT von Graham Merry et al. (2912) findet signifikant positive Behandlungsergebnisse bezüglich der Sehschärfe, des Kontrastsehens und der Fixationsstabilität.
Die Probanden wurden bei jeder Behandlung mit zwei unterschiedlichen Lasern und 3 unterschiedlichen Wellenlängen behandelt (1. Gerät: 670 nm/ 4-7.68 J/cm² ; 2. Gerät: 590 nm und 790 nm/ 0.1 J/cm²)
Die Ergebnisse wurden unmittelbar nach der LLLT und dann nach 4,6 und 12 Monaten dokumentiert. Die Verbesserungen blieben auch nach 12 Monaten auf signifikantem Niveau mit Ausnahme der Sehschärfe, die sich bei einigen Probanden nach circa 4 Monaten wieder zu verschlechtern begann. Evtl. ist bei Patienten, deren Sehschärfe sich rapide innerhalb kurzer Zeit verschlechtert hat, eine Wiederholgung der Behandlung in 4-Monats-Intervallen sinnvoll.
Fallstudie diabetische Retinopathie
In der Fallstudie von Tang J et al. (2014) wurden 4 Patienten mit Typ II-Diabetes und diabetischen Makulaödemen mit roter und nahinfraroter LLLT am Auge über einen Zeitraum bis zu 9 Monaten behandelt. Dabei wurde jeweils ein Auge gelasert, während das andere Auge als ?Kontrolle" unbehandelt blieb. LLLT führte zu einer signifikanten Reduktion fokaler retinaler Verdickungen in den behandelten Augen.
Fallstudie Retinitis pigmentosa
Obwohl nur eine Einzelfallstudie, ist die Dokumentation der Therapie einer Retinitis pigmentosa mit LLLT über einen Zeitraum von 7 Jahren an der Universität Heidelberg (Ivandic BT, Ivandic T., 2014) eine der interessantesten Veröffentlichungen, die wir gefunden haben:
Der Patient litt an einer fortgeschrittenen Retinitis pigmentosa (erbliche bzw. toxische Zerstörung der Photorezeptoren) mit Nachtblindheit, Farbfehlsichtigkeit und nachlassender Sehkraft. Das Gesichtsfeld war auf ein zentrales Residual von 5 Grad reduziert, der Sehnerv atrophiert. Nach nur vier Behandlungen verbesserte sich die Sehschärfe und das Gesichtsfeld normalisierte sich bis auf ein mittleres peripheres Skotom. Nach einem Rückfall nach fünf Jahren wurde erneut vier Mal gelasert und führte zu dem gleichen Erfolg. In den folgenden 2 Jahren wurden nach Bedarf weitere 17 Behandlungen durchgeführt, um den Erfolg zu erhalten.
Die Autoren schlussfolgern, dass LLLT das Sehvermögen verbessern und erhalten kann und dazu beigetragen kann, den Erblindungsprozess zu verlangsamen.
Die Retina wurde direkt über ihre gesamte Fläche mit einer äußerst geringen Dosis gelasert (transsklerale LLLT). Verwendet wurde ein Laser der Wellenlänge 780 nm (Infrarot-Laser) mit einer Dosis von 0,4 J (entsprechend einer Leistungsdichte von 0,33 W/cm² für 40 sec). Das Laserlicht wurde nicht im continuous-wave-Modus, sondern mit einer Frequenz von 292 Hz appliziert, was der Nogier-Frequenz A entspricht.
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